- Pirmasens stattet fünf Fußgängerampeln in der Innenstadt mit prägnanten Motiven des Stadtgründers Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt aus
- Drittfinanziertes „Ampelmännchen“-Unikat soll identitätsstiftend für die Einwohner wirken und als touristisches Aushängeschild dienen
Pirmasens, 15. Dezember 2020. Rot stehen – Grün gehen: Selbstverständlich wird im westpfälzischen Pirmasens dieses in der Straßenverkehrsverordnung verankerte Grundprinzip auch künftig gelten. Seit heute jedoch setzt an fünf ausgewählten Fußgängerampeln in der Innenstadt ein ganz besonderer „Ampelmann“ die Signale. Niemand anderem als dem Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt (1719-1790) wird diese Ehre posthum zuteil. So zeigt das Rotlicht die Silhouette des Pirmasenser Stadtgründers wartend von vorne und mit der Hand auf der Hüfte liegend. Bei grünem Licht dann ist er seitlich zu sehen, wie er mit wehendem Gehrock zackig voranschreitet. Die Idee zur Ausstattung der Fußgängerampeln mit dem regionaltypischen Motiv kam aus Kreisen des Pirmasenser Jugendstadtrats. Die Herstellungskosten zur Umrüstung der zehn Ampeln an fünf Fußgängerübergängen belaufen sich auf rund 1.200 Euro, zu gleichen Teilen finanziert von der Verkehrswacht e. V. und dem Lions Club Pirmasens.
Niemand anders als der Landgraf
Pirmasens kehrt mit dem Projekt einmal mehr ein wichtiges Stück seiner Geschichte nach außen – sichtbar gleichermaßen für Einheimische wie Besucher an gut frequentierten Stellen im Herzen der Stadt.
Der Landgraf führte ein selten harmloses Regiment. Er galt als „Soldatenvater“, der für seine Soldaten sorgte. Der damals übliche Soldatenhandel war für ihn tabu, das heißt kein Soldat wurde in die Kriege fremder Länder geschickt, obwohl sich dies zur Aufbesserung des Geldhaushalts gelohnt hätte. Ludwigs Haltung in Fragen des Rechts und der Religion hatten aufgrund seiner schulischen Bildung aufklärerische Züge; auch bei Gerichtsurteilen zeigte er sich gnädig.
Auf ihren Landgrafen lassen die Pirmasenser deshalb nichts kommen. Schließlich entstand im direkten Nachgang seiner Ära aus existenzieller Not heraus das „Schlabbe-Machen“, also die Herstellung einfacher, aus Leder- und Uniformresten gefertigter Schuhe, die von den Frauen im Umland verkauft wurden. Auch wenn die Produktion mittlerweile neben Handel, Zulieferwirtschaft und Know-how eine eher untergeordnete Rolle spielt, gilt Pirmasens bis heute als inoffizielle Schuhhauptstadt. Davon zeugt etwa das einzigartige Netzwerk mit kurze Wegen zwischen zahlreichen lokalen Technologieunternehmen und Instituten wie dem Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V. (PFI) und dem International Shoe Competence Center Pirmasens gGmbH (ISC). Zudem bietet der Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern hier mehrere Schuh- und Leder-spezifische Studiengänge an und die Deutsche Schuhfachschule hat ihren Sitz in Pirmasens. Ohne den Landgrafen und die nicht mehr benötigten Uniformen seiner Grenadiere wäre dies alles nicht möglich gewesen.
Entsprechend tragen in Pirmasens etwa Schulen, Stadtfeste, Rathaussäle oder auch Stadtehrungen den Namen des Landgrafen und sogar das Stadtmarketing lehnt sich an seine Silhouette an. Eine aktuelle Anekdote: Liebevoll verpassten „besorgte Untertanen“ der Bronzestatur des Landgrafen auf dem zentralen Exerzierplatz in den ersten Tagen der Pandemie eine Schutzmaske.
„Sehr gern haben wir den Impuls unseres Jugendstadtrats aufgenommen und im wahrsten Sinne des Wortes grünes Licht für den ureigenen Pirmasenser ‘Ampelmann‘ gegeben“, so Markus Zwick, Oberbürgermeister der Stadt Pirmasens. „Dass die Wahl des Motivs auf unseren Landgrafen fiel, ist nur konsequent. Kaum ein anderer Signalgeber nämlich wäre besser dazu geeignet, die Einwohner noch weiter zusammenzuschweißen und zugleich als Aushängeschild für Pirmasens zu stehen.“
Rechtlicher Hintergrund
Der Paragraph 37 StVO sieht als Sinnbild für das Fußgänger-Lichtzeichen einen stehenden, für das grüne einen schreitenden Fußgänger vor; konkretere Ausführungen zur deren weiteren Ausgestaltung sind dort nicht genannt, ergeben sich aber aus den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA). Allerdings gibt es in Rheinland-Pfalz einen Beschluss des Ministerrats, der Kommunen die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Bedingungen vom bundeseinheitlichen Symbol bei Fußgänger-Ampeln abzuweichen. Danach können die Kommunen in Rheinland-Pfalz in eigener Zuständigkeit darüber entscheiden, in Einzelfällen ein anderes Symbolbild zu verwenden, als das bundesweit festgelegte Piktogramm, Jedoch muss das Bild weiterhin einen Fußgänger zeigen, der wie in der Straßenverkehrsordnung festgelegt klar erkennbar geht oder steht. In Rheinland-Pfalz gibt es u. a. in Trier (Karl Marx) oder Mainz (Mainzelmännchen) spezielle Fußgänger-Ampeln.
Ergänzendes zur Stadt Pirmasens
Erste urkundliche Erwähnung fand Pirmasens um 850 als „pirminiseusna“, angelehnt an den Klostergründer Pirminius. Der als Stadtgründer geltende Landgraf Ludwig IX. errichtete im heutigen Pirmasens die Garnison für ein Grenadierregiment, es folgten 1763 die Stadtrechte. Am südwestlichen Rand des Pfälzerwalds gelegen und grenznah zu Frankreich ist das rund 42.000 Einwohner zählende, rheinland-pfälzische Pirmasens wie Rom auf sieben Hügeln erbaut. In ihrer Blütezeit galt die Stadt als Zentrum der deutschen Schuhindustrie und ist in dieser Branche heute noch wichtiger Dreh- und Angelpunkt; davon zeugen unter anderem der Sitz der Deutschen Schuhfachschule, des International Shoe Competence Centers (ISC) oder der Standort der ältesten Schuhfabrik Europas. Zu den tragenden Wirtschaftsbereichen zählen unter anderem chemische Industrie, Kunststofffertigung, Fördertechnik-Anlagen und Maschinenbau. Pirmasens positioniert sich heute als Einkaufsstadt mit touristischem Anspruch und gut ausgestattetem Messegelände. Seit 1965 wird eine Städtepartnerschaft mit dem französischen Poissy gepflegt. Weitere Informationen unter www.pirmasens.de.