- Schwungvolles Dreh-Exponat im Science Center Dynamikum veranschaulicht die wundersamen Effekte rotierender Kreisel
- Sicher flitzen oder wacklig kippen: Die Geschwindigkeit macht oft den Unterschied im Alltag
Pirmasens, 11. August 2020. Wer kennt nicht die Filme von tollkühnen amerikanischen Cowboys, die sich in staubigen Gattern zumindest ein paar Sekunden auf dem Rücken von bockigen Wildpferden oder Bullen zu halten versuchen? Die erste Herausforderung dabei: Man darf nur mit einer Hand den Griff eines Gurts umklammern, der um den Hals des jeweiligen Tiers gespannt ist. Als wenn das schon nicht schwierig genug wäre, verbieten die Wettkampfregeln obendrein, das Tier mit der freien Hand zu berühren. Kein Wunder also, dass unter dem Jubel bzw. eher dem Gelächter des Publikums so mancher Reiter recht flott zu Boden segelt, während die Besten nicht mal ihren Hut verlieren. „Rodeo“, der Name des Spektakels, geht übrigens auf das spanische Wort „rodear“ zurück, was zusammentreiben bedeutet – schließlich ist es Aufgabe der Cowboys, das Vieh auf den Weiden im berühmten Wilden Westen zusammenzutreiben. Auf der anderen Seite des Atlantiks, genauer gesagt im Dynamikum Science Center in Pirmasens, kann man auf dem Exponat Rodeokreisel die Situation eines solchen Ritts nachempfinden – wenn auch ohne „tierische“ Beteiligung und zu einem völlig anderen Zweck.
Da geht’s rund!
Lernen durch Ausprobieren ist nämlich im Dynamikum angesagt. Genauer gesagt gehört der Rodeokreisel zu den gut 160 Exponaten im Mitmachmuseum, an denen Besucher ganz spielerisch im eigenen Erleben und Ausprobieren naturwissenschaftlich-technischen Phänomenen auf die Spur kommen können. Platziert ist das futuristisch aussehende Objekt im Ausstellungsbereich „Der Dreh“ auf der ersten Etage. Sobald man sich auf seine Achse setzt, wird es spannend, denn sobald man sie belastet, beginnt sich die unter dem Sitz angebrachte Plattform zu drehen. Wie bei den Rodeotieren reagiert der Kreisel umso heftiger, je mehr man auf ihn einwirkt. Nur wenige Schritte entfernt, am Exponat Kreiseltisch, ist dies auch im Kleinen zu beobachten: Die Kreiselbewegung verleiht dem Kreisel seine Stabilität und je schneller er sich dreht, umso schwieriger kann man ihn aus der Bahn bringen. Stößt man einen drehenden Kreisel an, weicht die Drehachse zur Seite aus. Genau das lässt sich auf den großen Rodeokreisel übertragen, denn in seinem Inneren befindet sich eine große, sehr schnell drehende Metallscheibe, die wie der namensgebende Kreisel wirkt. Die Drehachse liegt dabei waagerecht. Setzt man sich nun auf die Achse, weicht sie wie bei einem der kleinen Spielzeugkreisel aus – man wird zur Seite gedrückt und die Plattform dreht sich.
Eines der physikalischen Phänomene, die sich am Rodeokreisel beobachten lassen, ist der sogenannte Drehimpuls, auch als Schwung oder Drall bezeichnet. Vereinfacht gesagt beschreibt er den Bewegungszustand eines rotierenden starren Körpers, in diesem Fall eben die sich drehende Metallscheibe. Wie man den Drehimpuls beispielsweise ändern kann, hat unter anderem der Schweizer Physiker und Mathematiker Leonhard Euler im 18. Jahrhundert erforscht und im Prinzip des Drallsatzes beschrieben: Um ein Objekt in Drehung zu versetzen, muss man es anstoßen – dann wiederum sorgt die Drehimpulserhaltung dafür, dass sich das Objekt noch eine Weile weiterbewegt.
Vom Wildpferd zum Drahtesel
Wie bei jedem Kreisel ist auch beim Rodeokreisel die hohe Drehgeschwindigkeit wichtig für die Stabilität. Diese Bedeutung von Geschwindigkeit zeigt sich im Alltagsleben bei einem sehr beliebten Gegenstand, dem Fahrrad: Dessen Reifen funktionieren nämlich wie ein Kreisel, sobald sie rotieren. Steht der Drahtesel still, kippt er sofort um. Fährt man los und tritt dabei zwangsläufig erst einmal langsam in die Pedale, manövriert das Rad zunächst noch ein wenig in Schlangenlinien. Je schneller es dann aber wird – als Faustregel für die optimale Geschwindigkeit gilt ein Tempo von sechs Metern pro Sekunde, was knapp 22 km/h entspricht –, umso gerader fährt man und umso schwerer ist das Rad zum Kippen zu bringen. Dafür braucht der Fahrer nicht mal viel Balancierfähigkeit, allerdings sollte er auch keine abrupten Bewegungen machen. Das Fahrrad hält also praktisch wie von allein die Spur und genau darum ist es überhaupt nur möglich, freihändig zu fahren. Wie gesagt darf das Rad dabei aber nichts „stören“. Beim Fahrradfahren kann jedoch jederzeit etwas Unerwartetes passieren, zum Beispiel ein Windstoß oder ein plötzliches Ausweichmanöver – und schon hat man keine Kontrolle mehr über sein Gefährt. Daher sollte man besser nicht freihändig fahren. Laut Straßenverkehrsordnung ist es übrigens auch gar nicht erlaubt und wird mit einem Bußgeld bestraft.
Ergänzend zum Dynamikum
Das Dynamikum Pirmasens ist das erste und bislang einzige Science Center in Rheinland-Pfalz. Als Mitmachmuseum lädt es seine Besucher aus allen Altersstufen dazu ein, auf 4.000 Quadratmetern die verschiedensten Phänomene aus Naturwissenschaft und Technik sowie Biomechanik und Sport an interaktiven Experimentierstationen selbst zu erforschen und so ganz spielerisch ihren Wissensdurst zu stillen.
Seit Mai 2018 bietet das Dynamikum nach einer vierwöchigen Umbauphase eine komplett überarbeitete Ausstellung mit 12 zusätzlichen neuen Exponaten, darunter die Motion Base, die Schwingungsliege und der Zeitsprung. Eine Besonderheit stellt die Dynamikum-App dar, mit der eine in ihrer Form einzigartige Vertiefungsebene geschaffen wurde: Neben 30 Wissensclips zu ausgewählten Exponaten enthält diese Messeinrichtungen verschiedenster Art und bietet die Möglichkeit, eigene Videos zu erstellen und in Social-Media-Kanälen zu posten.
Gegenüber vergleichbaren Einrichtungen grenzt sich das Dynamikum durch den durchgängigen Leitgedanken der Bewegung in insgesamt acht Bereichen ab; das Angebot richtet sich sowohl an Kinder und Jugendliche, die in idealer Ergänzung des Schulunterrichts einen neuen, spektakulären Zugang zur Welt der Naturwissenschaften, Technik und Biomechanik erhalten, als auch an Erwachsene. In regelmäßigen Abständen finden immer wieder Sonderausstellungen statt, hinzu kommen Aktionen wie beispielsweise Ferien- und Festtagsprogramme. Daneben eignet sich das Dynamikum auch zur Ausrichtung von Kindergeburtstagen sowie Firmenveranstaltungen und verfügt über Räume, die für Vorträge und unterrichtsbegleitende Schulstunden genutzt werden können. Im an das Science Center angrenzenden Landschaftspark Strecktal befinden sich außerdem einige Außenexponate zum Thema „Aufwind“. Diese können unabhängig vom Dynamikum-Besuch genutzt werden genauso wie der im Park eingerichtete DiscGolf-Parcours. Zu den Förderern des Dynamikums gehört u. a. der Bezirksverband Pfalz mit regelmäßigen Mittelzuflüssen. Weitere Informationen unter https://dynamikum.de.
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