- Westpfälzische Stadt würdigt soziales Engagement der erfolgreichen Unternehmerin und adidas-Mitbegründerin mit Pirmasenser Wurzeln
- Prominente Namensgeberin steht wie die Schule selbst für soziales Miteinander und Sport als wichtigem Integrationsfaktor
- Käthe Dasslers Tochter Sigrid nimmt virtuell am offiziellen Festakt teil
Pirmasens, 3. September 2021. Hinter jedem erfolgreichen Mann steht bekanntlich eine starke Frau – im Fall von adidas-Gründer Adi Dassler war dies seine Ehefrau Katharina, genannt Käthe (1917-1984). Bekannt war die gebürtige Pirmasenserin zu ihren Lebzeiten insbesondere für ihr soziales Engagement, ihre Empathie und eine familiäre Firmenpolitik, bei der sie sich auch privater Kümmernisse ihrer Mitarbeiter annahm. Gute Gründe, dass jetzt eine Schule in ihrer Heimatstadt ihren Namen trägt: Seit dem heutigen Freitag, 3. September 2021, heißt die Realschule Plus Pirmasens offiziell Käthe Dassler Realschule plus Pirmasens. Denn auch hier legt man großen Wert auf das soziale Miteinander und eine familiäre Unterstützung der Schüler, die weit über die reine Lernstoffvermittlung hinausgeht. Im Zuge dessen wird es ab dem Schuljahr 2022/23 ein eigenes Schulfach „Soziales Lernen“ sowie ein Wahlpflichtfach „Bewegung und Gesundheit“ geben. Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist das Thema Sport mit der zu diesem Schuljahr 2021/22 erstmals angebotenen Sportklasse. Vor dem Hintergrund der engen Verbindung zu ihrer Schule wurden die Schüler auch intensiv in die Namenswahl miteinbezogen, bei der sie sich mit großer Mehrheit für Käthe Dassler ausgesprochen haben. Ebenso waren sie involviert in die Gestaltung des neuen Logos, das in bunten Farben die Leitthemen Gemeinschaft, Vielfalt und Bewegung widerspiegelt.
Anlässlich der Umbenennung der Schule fand heute vor Ort ein kleiner Festakt statt. Als Ehrengast war dabei live aus der Schweiz Sigrid Dassler zugeschaltet, die jüngste Tochter von Käthe und Adi Dassler. Neben der Schulleiterin Jeanette Kriwy und Mitgliedern der Schülervertretung nahmen außerdem Schulrat Jochen Floeter, mehrere Zeitzeugen und der Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick an der Veranstaltung teil. Ebenfalls vertreten waren Carsten Schmidt und Matthias Schaufler, General Director bzw. General Director Finance der framas Kunststofftechnik GmbH. Den weltweit agierenden Spezialisten für Kunststoffspritzguss mit Sitz in Pirmasens hatte Käthe Dasslers Vater Franz Martz im Jahr 1948 ursprünglich als Leistenmanufaktur gegründet; bis heute arbeitet framas eng mit adidas zusammen und liefert dem Konzern Komponenten für Sportschuhe. Die enge Verknüpfung zwischen Unternehmen und Schule wird beispielsweise deutlich durch das gerne angenommene Angebot an die Schüler, bei framas via Workshop etwas mehr zur Herstellung von Sohlen und Leisten zu erfahren und damit auch zur traditionsreichen Geschichte von Pirmasens als einem jahrzehntelangen Zentrum der deutschen Schuhindustrie. Noch immer gilt die Stadt als Nukleus der Schuhbranche: Nach wie vor sind hier das Wissen und die Fachkompetenz rund um Schuh-, Leder- und Maschinenindustrie fest verankert. framas stiftet außerdem eine Boulderwand für den Pausenhof.
Zur Würdigung ihrer Namensgeberin beleuchtet die Käthe Dassler Realschule plus Pirmasens deren Leben und Wirken in einer hauseigenen Dauerausstellung anhand zahlreicher Dokumente. Dazu zählen Abschriften typisch pfälzischer Kochrezepte, aber auch die Heiratsurkunde und ein Registerauszug des früheren Wohnhauses. Ein echter Hingucker ist ein großes Porträt von Käthe Dassler, das als Mosaikfoto aus 100 Einzelbildern von ihr gestaltet wurde.
„Es war nicht das weltberühmte Unternehmen, das Käthe Dassler mitbegründet hat, sondern die von ihr vorgelebten Werte wie innere Stärke, Fairness und vor allem ihr stetes soziales Engagement und ihre enge Beziehung zu den Menschen, die uns zu ihr geführt haben. Mit genau diesen Idealen reflektiert sie das Profil unserer Schule, unsere Schwerpunkte und die enge, familiäre Beziehung zu unseren Schülerinnen und Schülern, die wir ganz individuell auf ihrem Lebensweg begleiten. Darüber hinaus verbindet uns mit Käthe Dassler aber natürlich auch das Thema Sport, den wir als weiteren ganz wichtigen Integrationsfaktor ansehen, um die Jugendlichen fit für die Zukunft zu machen. Wir werden ihren Namen voller Stolz und Respekt tragen“, erläutert Jeanette Kriwy.
„Käthe Dassler – sie hat gemeinsam mit meinem Vater die Weltfirma adidas aufgebaut, hat fünf Kinder großgezogen, hat Geschäftsleute, Sportler und Prominente aus aller Welt willkommen geheißen und hat immer hart gearbeitet. Und jetzt wird eine Schule nach ihr benannt! Welch eine wundervolle Auszeichnung für meine Mutter! Käthe Dassler Realschule plus – sie wäre unglaublich stolz gewesen, dass ihr Name in ihrer Heimatstadt Pirmasens ein neues und bleibendes Zuhause gefunden hat. Diese Auszeichnung ist umso bedeutender, da meine Mutter von den Schülerinnen und Schülern ausgewählt wurde, ihnen möchte ich daher ein ganz großes Dankeschön sagen. Es berührt mich sehr, dass sie meiner Mutter diese Ehre gewähren. Ihr waren Güte, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft immer sehr wichtig und ich wünsche mir, dass in ‘ihrer‘ Schule diese Werte weiterleben“, zeigt sich Sigrid Dassler erfreut über die Namenswahl.
„Käthe Dassler war viel mehr als eine erfolgreiche Unternehmerin an der Seite ihres Mannes Adi Dassler, sie war eine starke, mutige und zutiefst sozial engagierte Frau, die uns allen eine wahrlich eindrucksvolle Lebensleistung hinterlassen hat. Damit ist sie die ideale Namenspatronin für eine Schule, die sich das soziale Miteinander explizit auf die Fahnen geschrieben hat“, erklärt Markus Zwick. „Mit der Umbenennung der Realschule plus setzen wir als Käthe Dasslers Heimatstadt ihr nunmehr schon das zweite sichtbare Zeichen. Denn bereits seit 2014 erinnert an sie der Käthe-Dassler-Kreisel mit einem überdimensionalen adidas-Ball, ein gemeinsames Geschenk von adidas und framas zum 250-jährigen Stadtjubiläum.“
Vita Käthe Dassler
Die Firmen- und Familiengeschichte der Firma adidas ist eng mit Pirmasens verknüpft. Dort erblickte Katharina Maria am 17. Juli 1917 als ältestes von sechs Kindern der Familie Martz das Licht der Welt. 1932 lernte sie Adolf Dassler kennen. Er hatte seinen ersten spikebesetzten Laufschuh gefertigt und zusammen mit seinem Bruder Rudolf am 1. Juli 1924 eine eigene Firma gegründet. Aber Adi wusste: Ohne perfekten Leisten kein perfekter Schuh. Um sein Wissen zu vertiefen, schrieb er sich 1932 an der Deutschen Schuhfachschule in Pirmasens ein, jener renommierten Einrichtung, an der Käthes Vater Franz unterrichtete. In dessen Leistenwerkstatt, aus der die heute international operierende framas-Gruppe hervorgegangen ist, holte sich der Sportschuhpionier aus Herzogenaurach den letzten Schliff und fand auch sein persönliches Glück: Er und Käthe heiraten am 17. März 1934 im Pirmasenser Standesamt. Zurück in Franken übernimmt Käthe erste Aufgaben in der Schuhfabrik Gebrüder Dassler (GeDa). Es sind die Pionierjahre, die Zeit vor den Olympischen Spielen in Berlin, in deren Umfeld die ungleichen Brüder die ersten großen Erfolge feiern können. Der US-amerikanische Leichtathlet Jesse Owens holte damals in Dassler-Schuhen mehrere Goldmedaillen – was den Brüdern von den Nazis sehr übelgenommen wurde. Käthe ist nicht nur Adis große Liebe, sondern auch ein idealer Teamplayer, sie hält ihrem Mann den Rücken frei und Adi kann sich ganz auf die Entwicklung, das Testen und die Fabrikation seiner Sportschuhe konzentrieren. Trotz ihrer Kontaktfreudigkeit hat die junge Pfälzerin anfänglich Schwierigkeiten, ihren Platz in der konservativen Familie zu finden. Eine große Stütze an Käthes Seite ist ihre Schwester Marianne Hoffmann, die 1952 in die Firma eintrat und später 33 Jahre als Prokuristin wirkte. Die beiden starken Frauen kümmern sich gemeinsam um die wachsende Familie mit Sohn Horst und den Töchtern Ingeborg, Karin, Brigitte und Sigrid.
Nach dem Krieg trennen sich die Wege der Brüder. 1948 gründet Rudolf die Firma Puma, Adi geht mit adidas seinen Weg. Wichtigste Verbündete: Ehefrau Käthe. Sie sorgte dafür, dass ihm der notwendige Freiraum für sein kreatives Schaffen blieb. Bis zu seinem Tod am 6. September 1978 hatte der besessene Tüftler und „Schuhprofessor“ mehr als 700 Patente und Gebrauchsmuster angemeldet. Unterdessen knüpft Käthe Dassler erste Kontakte zu Sportlern, den wichtigsten Werbeträgern der Drei-Streifen-Marke.
Ihr Charme, ihre Warmherzigkeit und ihre Weltoffenheit sind bald so legendär wie ihr „Pälzer Quetschekuche“. „Die Chefin“, wie sie von der Belegschaft gerne genannt wird, ist die Seele des Betriebs, deren Rat und Erfahrung geschätzt wird. Ihre Führungsqualitäten rücken aber erst mit dem Tode ihres Gatten in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Ab 1978 verantwortet sie als geschäftsführende Gesellschafterin der Adidas Sportschuhfabriken die Geschicke der Adi Dassler KG. Der kaufmännische Erfolg – die Pirmasenserin weitete die Produktpalette um Textilien aus – ist eng verbunden mit ihrem Geschick im Umgang mit Menschen aller Nationalitäten und einer großen Integrationsfähigkeit. Unter ihrer Ägide wuchs der Umsatz bis Mitte der 80er Jahre auf 3,7 Milliarden Mark. In den damals 17 Fabriken, darunter die Werke in Wallhalben (540 Mitarbeiter) und im französischen Dettwiller (500 Beschäftigte), wurden täglich 280 000 Paar Schuhe produziert. Käthe Dassler gilt als eine der wenigen Repräsentanten einer Firmenpolitik, die noch größten Wert auf das „Familiäre“ legen. Soziales Engagement war ihr zeitlebens eine Herzensangelegenheit. So engagierte sie sich u. a. für karitative Einrichtungen, Schulen und Sportvereine.
Für ihre Verdienste wurde die passionierte Skiläuferin mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter dem Bundesverdienstkreuz und der Plakette des damaligen Landkreises Pirmasens. Herzogenaurach und die Universität Erlangen verliehen Käthe Dassler die Ehrenbürgerschaft. Die „Grande Dame“ erlag in der Silvesternacht 1984 einem Herzinfarkt. Seit Mai 2014 erinnert in ihrer Heimatstadt der Käthe-Dassler-Kreisel an die prominente Pirmasenserin. Den Mittelpunkt des Kreisverkehrs auf der Husterhöhe bildet ein überdimensionaler und 220 Kilo schwerer Adidas-Fußball. Den sogenannten Giant-Ball hatte der Sportkonzern, zusammen mit der Firma Framas, der Stadt Pirmasens zum 250-jährigen Stadtjubiläum geschenkt.
Käthe Dassler Realschule plus Pirmasens
1962 eingeweiht, war die „Kirchbergschule“ einst die größte Schulanlage von Pirmasens und zum Schuljahr 1975/76 die größte Schule in Rheinland-Pfalz. Ab 1981 wurde sie landesweit als eine der ersten zur Ganztagschule; im Jahr 1992 erhielt sie ebenso als eine der ersten eine Schulsozialarbeiterin, die bis heute erhalten geblieben ist. 2006/2007 wurde die Schule offiziell zur „Dualen Oberschule Pirmasens“ und zum Schuljahr 2009/2010 in die kooperative „Realschule plus Pirmasens“ umgewandelt. Seit dem 1. August 2021 lautet ihr Name „Käthe Dassler Realschule plus Pirmasens“. Aktuell werden rund 400 Schüler von etwa 36 Pädagogen unterrichtet. Mögliche Abschlüsse sind die Berufsreife und der qualifizierte Sekundarabschluss I. Weitere Informationen unter http://rsplus-ps.de.
Ergänzendes zur Stadt Pirmasens
Erste urkundliche Erwähnung fand Pirmasens um 850 als „pirminiseusna“, angelehnt an den Klostergründer Pirminius. Der als Stadtgründer geltende Landgraf Ludwig IX. errichtete im heutigen Pirmasens die Garnison für ein Grenadierregiment, es folgten 1763 die Stadtrechte. Am südwestlichen Rand des Pfälzerwalds gelegen und grenznah zu Frankreich ist das rund 42.000 Einwohner zählende, rheinland-pfälzische Pirmasens wie Rom auf sieben Hügeln erbaut. In ihrer Blütezeit galt die Stadt als Zentrum der deutschen Schuhindustrie und ist in dieser Branche heute noch wichtiger Dreh- und Angelpunkt; davon zeugen unter anderem der Sitz der Deutschen Schuhfachschule, des International Shoe Competence Centers (ISC) oder der Standort der ältesten Schuhfabrik Europas. Zu den tragenden Wirtschaftsbereichen zählen unter anderem chemische Industrie, Kunststofffertigung, Fördertechnik-Anlagen und Maschinenbau. Pirmasens positioniert sich heute als Einkaufsstadt mit touristischem Anspruch und gut ausgestattetem Messegelände. Seit 1965 wird eine Städtepartnerschaft mit dem französischen Poissy gepflegt. Weitere Informationen unter www.pirmasens.de.